Wie angekündigt hier ein weiterer Ausflug Albrechts in die Vergangenheit der Franzigmark. Einen früheren Beitrag zur Historie dieses Flecken Erdes findet ihr hier.
An der Brachwitzer Straße liegt kurz vor dem Abzweig zum „Gut Alaune“ rechterhand die „Siedlung Benemann“, die zum drei Kilometer entfernten Dorf Sennewitz gehört. Folgt man der Straße weiter bis zum „Umweltzentrum Franzigmark“, erscheint linkerhand ein weiteres Wohngebiet, das „Alaune“ heißt und zu Morl gehört – einem Ort, der vier Kilometer weiter nördlich liegt. Was hat es damit auf sich?
Die beiden Häusergruppen sind aus zwei Chemiefabriken hervorgegangen, die einstmals dort standen – der Alaunfabrik und der Wasserglasfabrik. Sie erinnern an die Frühindustrialisierung in unserer Region nach der Revolution von 1848. Der Versuch, die Adelsherrschaft in Deutschland durch eine bürgerlich-demokratische Ordnung zu ersetzen, war blutig niedergeschlagen worden: „Gegen Demokraten helfen nur Soldaten“ – so der preußische König Friedrich Wilhelm IV. Dennoch setzten sich freiheitliche Impulse in Gesellschaft und Wirtschaft fort – Naturwissenschaft und Technik erlebten als Domänen des Bürgertums einen großen Aufschwung. So entstanden zahlreiche Fabriken, deren Gründer von den Fortschritten der Chemie profitierten.
Als Otto Senff 1853 oberhalb der Fähranlegestelle nach Lettin mit der Errichtung einer Chemiefabrik beginnt, spricht zunächst der Wasserweg für diese Gründung – bis Halle war die Saale noch für Elbkähne schiffbar. Die Fährverbindung nach Lettin war ebenfalls nützlich, sie existierte mindestens bis zum Ende der 1950er Jahre. Die Gegend war aber auch reich an Kaolin, einem wichtigen Rohstoff für Senffs Fabrik.
Eine Zeichnung, die Otto Senff 1860 „als Andenken an die wüste Mark zu Morl“ anfertigte (gemeint ist die Wüstung des im 14. Jahrhundert aufgegebenen Dorfes Franzig), zeigt die Fabrik vom Lettiner Ufer aus. Es ist eine hofartige Anlage, dominiert vom Wohn- und Verwaltungsgebäude und einem hohen Schornstein. Darum gruppieren sich zahlreiche kleinere Gebäude – Produktionsstätten, Lagerräume, Arbeiterwohnungen. Beim heutigen Blick von Lettin aus zeigt es sich, dass sich außer dem Wohnhaus auch kleinere Gebäude erhalten haben.
Die Fabrik produziert ein relativ neues Produkt – das Aluminiumsulfat (damals „schwefelsaure Thonerde“ genannt). Das war der moderne Ersatz für den traditionellen, teureren Alaun (Kaliumaluminiumsulfat). Da das Ersatzprodukt auch „künstlicher“ oder „konzentrierter Alaun“ genannt wurde, bürgerte sich für Senffs Unternehmen der Name „Alaunfabrik“ ein, der bis heute in der Ortsteilbezeichnung „Alaune“ überdauert hat.
Alaun diente zum Gerben von Leder (Weißgerberei), zur Fixierung der Farbstoffe auf der Textilfaser (also zur Herstellung von Waschechtheit) wie zur Fällung des Harzleims auf der Zellulosefaser bei der Papierherstellung. Papierfabriken wie die bedeutende Papiermühle in Halle-Kröllwitz gehörten zu den Hauptabnehmern.
Senff heiratete 1854 Wilhelmine Stange – aus diesem Jahr stammt sein Porträt, ein Geburtstagsgeschenk seines Schwagers. Es zeigt den Fabrikbesitzer während einer kurzen Arbeitspause vor einem großen Holzbottich, der innen mit Blech ausgeschlagen ist (der umgebördelte Rand weist darauf hin). Dies gibt einen Hinweis darauf, wie die „schwefelsaure Thonerde“ in Senffs Fabrik hergestellt wurde.
Grundlage bildete die aluminiumreiche Porzellanerde, das Kaolin, das sich im Norden und Westen Halles findet und um 1850 etwa bei Sennewitz an der Magdeburger Chaussee (heute B6) abgebaut wurde. In der Tonschlämmerei, die sich zu dieser Zeit im Winkel zwischen Brachwitzer Weg und Götscheweg befand, wurde das Kaolin von Sand und anderen Beimengungen gereinigt und gelangte von dort in die Alaunfabrik. Dort wurde es geglüht, pulverisiert und dann in Bottichen, die mit Bleiblech ausgeschlagen waren, mit erhitzter Schwefelsäure behandelt.
Die Arbeiter waren den Dämpfen der heißen Schwefelsäure ausgesetzt – von Verätzungen durch Arbeitsunfälle ganz zu schweigen. Aber auch die heiße Masse des (heute als gesundheitsschädlich geltenden) Endprodukts konnte gefährlich werden, wie aus folgender Zeitungsmeldung aus späterer Zeit hervorgeht:
„In der Alaunfabrik bei Lettin waren gestern Morgen mehrere Arbeiter mit Kochen von Alaun beschäftigt, als plötzlich der dazu benutzte kupferne Kesselmantel zerplatzte, so dass die heiße Masse nach verschiedenen Richtungen hin in dem Fabrikraume fortgeschleudert wurde. (…) Der jugendliche Arbeiter Kreutzmann aus Friedrichschwerz wurde von der Masse überschüttet, so dass er namentlich im Gesicht, sowie an beiden Armen und Füßen erhebliche Brandwunden davontrug, die seine sofortige Ueberführung nach der hiesigen Klinik nöthig machten. Ein anderer Arbeiter, Huke aus Trotha, kam mit leichteren Verbrennungen davon.“ (Hallesches Tageblatt, 7. November 1885)
Typisch für Chemiefabrikanten seiner Zeit, begleitete Otto Senff den Produktionsprozess vor Ort und setzte sich den gleichen Gefahren aus, wie seine Arbeiter. Politisch stand er auf der äußersten Linken des Bürgertums. Er hatte sich der Fortschrittspartei angeschlossen, die im Gefolge der 1848er Revolution gegen die Adelsherrschaft in Deutschland auftrat und sich für ein freies Unternehmertum und die bürgerlichen Rechte und Freiheiten einsetzte.
Zunächst konnte die Fabrik ihre Jahresproduktion steigern – von 7000 Zentnern Aluminiumsulfat 1859 auf 12.000 ab 1862. Den Wirtschaftsberichten der Zeit zufolge bestand aber seitens der Konkurrenz großer Preisdruck, auch gab es Schwankungen in der Produktqualität: für die Färberei musste die Substanz möglichst eisenfrei sein, für die Papierherstellung dagegen durfte sie keine freie Schwefelsäure enthalten: zwei Forderungen, die damals nur schwer in Einklang zu bringen waren.
Jedenfalls muss Otto Senff im Sommer 1866 Konkurs anmelden, im Jahr darauf geht das Unternehmen an Wilhelm Laue – einen entfernten Verwandten, der 1848 in den revolutionären Anschlag auf die Magdeburger Zitadelle verwickelt war – und zwei Mitgesellschafter, die mit „frischem“ Kapital einen Neubeginn versuchen. Senff übersiedelt mit seiner Familie 1867 nach Berlin, wo er als Kaufmann arbeitet und Gedichte schreibt.
Aber auch „Wilhelm Laue & Co.“ vermag die Produktionsmenge nicht zu steigern – wenngleich das Unternehmen als regionaler Lieferant durchaus Bedeutung hat. Die schlesische „Chemische Fabrik Goldschmieden“ jedenfalls gelangt 1874 mit dem Kauf der Alaunfabrik Morl „in den Besitz der ihr zunächst liegenden Concurrenz-Fabrik“. Ihr Geschäftsführer Gustav Loewig hat durch mehrere Erfindungen die Herstellung von Aluminiumsulfat verbessert – unter den neuen Besitzern kann die Produktion nahezu verdreifacht werden, statt fünfzehn sind nun dreißig Arbeiter angestellt.
Die Fabrik produzierte auch einige Nebenprodukte, wie Phosphatdünger. Unter den neuen Besitzern kam unter anderem auch eine Kuriosität hinzu – ein Mittel gegen Fußschweiß mit dem unaussprechlichen Namen „Liquor antihidrorrhoicus Brandau“.
Die Fabrik Goldschmieden geht 1883 in den Besitz von Heinrich Bergius über („Chemische Fabrik Goldschmieden, H. Bergius & Co.“), der mit der Übernahme der chemischen Fabrik von Engelcke und Krause in Trotha 1909 den Produktionsstandort schließlich dorthin verlegt – damit endet die Geschichte der Alaunfabrik. Die Gebäude standen wohl einige Jahre leer, wurden dann aber zu Wohnzwecken genutzt.
Eine Viertelstunde Fußweg entfernt von der ehemaligen Alaunfabrik liegt die heutige „Siedlung Bennemann“ (Brachwitzer Straße 63), von 1859 bis 1928 Standort der „Chemischen Fabrik Sennewitz“ oder, kürzer, der „Wasserglasfabrik“. Die Ortsbezeichnung war stets: „Sennewitz“, heute ist es ein Ortsteil des Dorfes.
Dort wurden freilich keine Trinkgläser hergestellt. Stattdessen wird als „Wasserglas“ ein in der Schmelze erstarrtes, glasartiges Natrium- oder Kaliumsilikat bezeichnet, das in wässeriger Lösung verarbeitet werden kann, beim Auftrocknen jedoch die wasserunlösliche Kieselsäure bildet. Das Herstellungsverfahren ähnelt der üblichen Glasherstellung, nur dass hier ein großer Überschuss an „Kieselerde“ (Siliziumdioxid) für die Unlöslichkeit in Wasser verantwortlich ist, während bei der Wasserglasherstellung nur ein geringer Überschuss vorhanden ist. Auch Wasserglas war, ähnlich wie das Aluminiumsulfat, ein relativ neues Produkt. Bis heute wird es als Imprägnier-, Abdicht- und Klebmittel im Bauwesen und zahlreichen Technikbereichen verwendet, ebenso zur Keramikherstellung und als Bindemittel für Mineralfarben.
Der Fabrikgründer, Wilhelm Benemann (1833-1910), hatte seinem Vater, einem halleschen Juristen, versprechen müssen, dessen Schulden durch ein erfolgreiches Wirtschaftsunternehmen zu tilgen. Darauf bereitete er sich als Praktikant in den Apotheken des Senators Richter in Wittenberg und in der von Carl Hellwig in Grünberg in Schlesien (heute Zielona Góra in Polen) vor. Hinzu kam ein Laborpraktikum bei Chemieprofessor Wilhelm Heintz an der halleschen Universität.
Ähnlich wie bei der Alaunfabrik, stand ihm als Verkehrsweg zunächst die Saale zur Verfügung. Bei der Unternehmensgründung 1859 konnte er nicht wissen, dass die Saale ausgerechnet an dieser Stelle 1876 begradigt werden und seine Fabrik zukünftig an einem toten Flussarm liegen würde. Andererseits war ihm von den Behörden Hoffnung auf den straßenmäßigen Ausbau des Brachwitzer Weges (heute Brachwitzer Straße) gemacht worden, welcher zu seinen Lebzeiten nicht stattfand. Dennoch vermochte er es, an dieser Stelle ein erfolgreiches Industrieunternehmen zu errichten, das er mit einem landwirtschaftlichen Betrieb verband, der neben der Deckung des Eigenbedarfs zusätzliche Gewinne abwarf.
Wilhelm Benemann muss ein patriarchalischer Unternehmer gewesen sein, der für seine Arbeiter und Angestellten sorgte (einige von ihnen wohnten auf dem Fabrikgelände) und sie nach damaligen Verhältnissen auskömmlich bezahlte. Politisch stand er – im Gegensatz zum Gründer der Alaunfabrik – auf der bürgerlichen Rechten, indem er sich innerhalb der Konservativen Partei engagierte, die anfangs noch „Regierungsfreundliche Vereinigung“ hieß. Im „Halleschen Tageblatt“ ist dokumentiert, wie sich Benemann hier als Reaktionär, Monarchist und Antisemit betätigte. Zugleich wirkte er in zahlreichen wohltätigen Vereinen mit, war Kirchenvorsteher von Sennewitz und ein Musikenthusiast, der – allein oder vierhändig mit seiner Frau – die klassische Musikliteratur von Mozart bis Beethoven spielte.
Wilhelm Benemann hatte Marie Hellwig (1839-1912) geheiratet, die Tochter seines schlesischen Lehrmeisters Carl Hellwig, der zunächst auch Teilhaber der Fabrik bei Sennewitz war (von 1859-1862 hieß das Unternehmen „Hellwig & Benemann“).
Das Ehepaar hatte neun Kinder, von denen eines, Wilhelm (geboren 1869), selbst wieder Chemiker und Unternehmer wurde. Gerhard (1877-1914), das jüngste der überlebenden Kinder, schlug hingegen völlig aus der Art.
Er lehnte es – im Gegensatz zu seinen Standesgenossen – ab, Reserveoffizier zu werden, widmete sich stattdessen Literatur, Kunst und Wissenschaft. An den Franckeschen Stiftungen in Halle erlernte er das Buchgewerbe und gründete einen avantgardistischen Verlag in Berlin („Horen-Verlag“).
Zu diesem Außenseitertum passte auch seine Heirat 1906 mit der Dichterin Maria Dobler, die vor dem ersten Weltkrieg als hoffnungsvolles Talent in den Kreisen der modernen Dichter galt (Maria Benemann, 1887-1980). Später schrieb sie Kinderbücher.
Gerhard Benemann kehrte gebrochen aus dem Ersten Weltkrieg zurück und verstarb an seinem seelischen Leiden noch im ersten Kriegsjahr. Ihr gemeinsamer Sohn Jochen (Joachim) Benemann (1911-2007) zählt heute zu den Pionieren der Solartechnik. Maria Benemanns Erinnerungsbuch „Leih mir noch einmal die leichte Sandale“ (1978) ist es zu verdanken, dass wir vom Leben und Treiben in der Wasserglasfabrik um 1900 eine genauere Vorstellung haben.
„Welcher Anlaß mag es gewesen sein, der Gerhards Vater bestimmte, seine chemische Fabrik (…) in eine der landschaftlich ödesten Gegenden Mitteldeutschlands, abseits von jedem Bahn- oder Güterverkehr zu legen? Mancher, den sein Weg, von Trotha kommend, zu ersten Mal die staubige Landstraße entlanggeführt hat (wenn sie nicht von Schlamm bedeckt war) mag sich diese Frage gestellt haben. Kein Baum gab dort Schatten, und oft blieben die Fuhrwerke stecken. (…)
Nach einer kurzen Biegung kam man endlich zu einem toten Arm der Saale, der seit einem Menschenalter dort in seinem stehenden, schwärzlichen Gewässer beharrte, dessen Oberfläche mit Schling- und Sumpfpflanzen aller Art bedeckt war, über denen an schwülen Sommerabenden ein stickiger Dunst hing. Der einzige Vorzug dieses Wassers: es war ein Eldorado für Frösche, deren vielstimmiger Chor, aus hunderten der kleinen aufgeblähten Kehlen zugleich, an stillen Sommerabenden jeden Vogellaut übertönte.
Diesem toten Saalearm gegenüber erstreckte sich das ausgedehnte Gelände der Fabrik und des Gutes. Kein öffentliches Straßenbauamt hatte es der Mühe für wert gehalten – wie Wilhelm Benemann bei Ankauf und Aufbau gehofft hatte -, seine Fabrik durch Ausbau des Flußarmes und der Straße an das gute Verkehrsnetz anzuschließen. Denn dies war das Ende der Welt. Gerade darin aber bestand sein Vorteil, besonders für die heranwachsende Kinderschar.“
Maria Benemann widmet den Schwiegereltern und ihrem Anwesen ein umfangreiches Kapitel in ihren Erinnerungen (leider ist das Buch inzwischen eine antiquarische Rarität geworden).
Die Herstellung von Wasserglas war – kaum anders, als die von Aluminiumsulfat – für die Arbeiter voller Gefahren. Zunächst mussten die Ausgangsstoffe Quarzsand, Soda (Natriumcarbonat) oder Pottasche (Kaliumcarbonat) und Holzkohlenpulver vermischt und anschließend im Glasschmelzofen bei großer Hitze (über 1000 °C) geschmolzen werden, bis die glasähnliche Masse mit eisernen Löffeln herausgenommen werden konnte. Nach dem Erkalten musste sie gemahlen und der feine Glasstaub mehrere Stunden mit Wasser verkocht werden. Das gelartige Endprodukt wurde entweder getrocknet und gemahlen als Pulver vertrieben, oder als Gallerte in luftdicht verschlossenen Fässern.
Daneben wurden zahlreiche andere Chemikalien hergestellt wie – so die damaligen Bezeichnungen – Ätznatron (Natriumhydroxid), Phosphorsäure, Chlorzink (Zinkchlorid) und schwefelsaures Eisenoxydul (Eisen(II)-sulfat). Von den Gebäuden der Fabrik existieren heute nur noch das Wohnhaus und das Wirtschaftsgebäude links davon, in dessen Dachgeschoss früher das Büro des Unternehmens untergebracht war. Einen Eindruck der ursprünglichen Anlage gibt die weiter oben gezeigte Geschäftsmarke des Unternehmens (um 1860).
Ein Foto aus der Zeit um 1900 zeigt die damals bereits erweiterte Anlage – und die bis zum Saalearm kahle Umgebung, die heute von üppigem Baum- und Buschwerk bewachsen ist.
In seinem ersten Buch über Sennewitz veröffentlichte Siegfried Both einen Plan der Fabrik aus der Zeit um 1920, der ihre weiteste Ausdehnung zeigt.
Wilhelm Benemann konnte sein Unternehmen erfolgreich bis zu seinem Tod 1910 führen, danach wurde es von seiner Witwe übernommen, die zwei Jahre später verstarb. Seither wurde die Fabrik von verschiedenen Personengruppen betrieben, die vor allem aus den Kindern und Verwandten des Gründerehepaars bestanden. Dass diese stets außerhalb von Sennewitz und weit verstreut in Deutschland lebten, war dem Unternehmen, das bisher von seinen Gründern vor Ort geführt worden war, sicher nicht förderlich. Der Handelsregistereintrag der Firma wurde 1928 gelöscht – bei der nachfolgenden Zwangsversteigerung ging die Immobilie an die Stadt Halle. Das Areal diente nun ausschließlich Wohnzwecken. Obgleich die Fabrik selbst irgendwann nach 1900 vom Dampfmaschinen- zum Elektrobetrieb übergegangen sein musste (der Grundriss weist unter Nr. 16 ein „Transformatoren- und Pförtnerhaus“ aus), gestaltete sich die Stromversorgung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schwierig. Siegfried Both schreibt:
„Erst 1947 bekamen die Grundstücke der Siedlung einen neuen Stromanschluss (6 Brennstellen), nachdem sie vorher von der Ziegelei bei der Städtischen Kläranlage [auf dem Tafelwerder] über eine alte Wehrmachtsleitung Strom bezogen. Zwei Wohnungen (Zemann und Schmidt) erhielten erst 1949 Strom!“ (Siegfried Both: Die Geschichte von Sennewitz, Halle (Saale) 2007, S. 47)
Nachdem das Areal 26 Jahre in städtischem Besitz war, zuletzt verwaltet vom „VEB Haus- und Grundbesitz Halle“, ging es 1954 in die Rechtsträgerschaft der Gemeinde Sennewitz über und bildet heute mit neun Wohnhäusern den Ortsteil „Siedlung Bennemann“.
Die Recherchen zur Wasserglasfabrik wurden von Roswitha Walter, Siedlung Bennemann, und Dr. Siegfried Both, Sennewitz, mit vielen Hinweisen und Informationen unterstützt – beiden sei an dieser Stelle herzlich dafür gedankt. Die Zeichnung der Alaunfabrik und das Porträt von Otto Senff entstammen dem Nachlass des Oscherslebener Arztes und Familienforschers Georg von Knorre, den die Familie im vergangenen Jahr dem Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) schenkte. Ein ausführlicher Beitrag zu beiden Zeichnungen findet sich hier.